Zum Beginn des neuen Jahres erhöhen vier Bundesländer die Grunderwerbsteuer. „Investoren würden durch die weiteren Erhöhungen massiv abgeschreckt“ so die Aussage des Regionalvorstandes Hessen des Zentralen Immobilienausschuss ZIA (1). Handelt es sich bei dieser Aussage um die übliche Reaktion eines Lobbyisten oder hat eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer tatsächlich Auswirkungen auf Investitionen im Immobilienbereich? Die aktuellen Höhen der Grunderwerbsteuer zeigt nachstehende Tabelle:
Die Erhöhungen liegen zwischen 0,5%-Prozentpunkte in Bremen und Niedersachsen und 1,5%-Punkte in Schleswig Holstein. In Berlin wird die Grunderwerbsteuer um 1%-Punkt erhöht. Nehmen wir als Beispiel die Erhöhung in Berlin. Denn trotz der gestiegenen Immobilienpreise scheint uns Berlin als Hauptstadt und größte Stadt Deutschlands ein grundsätzlich interessanter Immobilienmarkt. Prozentual gerechnet sind die Effekte einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1 %-Punkt gering. Wenn wir an dieser Stelle die Erwerbsnebenkosten außer Acht lassen, so wirkt sich die Erhöhung gering auf die Mietrendite aus. Bei einer angenommenen Rendite auf dem Markt für Eigentumswohnungen von 4% (2) würde der Investor je 100.000 Euro Anlagevolumen im Immobilienmarkt jährlich eine Miete/Rendite von 4.000 Euro erzielen. Durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer kann der Anleger nur noch 99.010 Euro investieren, denn 990 Euro fallen an zusätzlicher Grunderwerbsteuer an. Die Mietrendite von 4% macht dann in absoluten Zahlen 3.960 Euro aus. Für 100.000 Euro „Anlagesumme“ erhält der Anleger also jährlich 40 Euro weniger Ertrag. Kauft der Anleger die Immobilie, weil er eine Inflation erwartet, hat er diese 40 Euro Minderbetrag bald wieder eingeholt, wenn er die Miete in dem Ausmaß erhöhen könnte, wie die Inflation steigt. Er bräuchte dazu nicht einmal ein Jahr. Dies ist allerdings eine recht theoretische Betrachtung, denn eine automatische Steigerung der Mieteinnahmen bei steigender Inflation ist in der Regel nur bei gewerblichen Mietverträgen gegeben. Und auch dort müssen meist erst Schwellenwerte erreicht werden. Aber immerhin, in diesem Bereich führt die Inflation dazu, dass die erhöhte Grunderwerbsteuer schneller kompensiert wird.
Anders sieht die Rechnung für den Anleger aus, wenn er ausrechnet, was ihm die Steigerung der GEwSt insgesamt an absolutem Ertrag kostet – im Vergleich zu einer Immobilienanlage vor der Erhöhung dieser Steuer. Der „Verlust“ kann dabei durchaus hohe Werte annehmen. Abhängig ist dieser Verlust, wenn man zunächst einmal mögliche – aber eben zum Teil nur eingeschränkte mögliche – Mieterhöhungen vernachlässigt von:
- der Mietrendite
- der Haltedauer der Immobilie
- dem möglichen Wiederanlagezins (für den Renditeverlust durch die Grunderwerbsteuer)
Diese Betrachtungsweise ist aber eigentlich nur für den Anleger von Interesse, der noch vor der Erhöhung der Steuer überlegt, die Immobilienanlage vorzunehmen. Auch wenn diese Zahlen zum Teil absolut gesehen hoch sind, so sagen sie wenig über die Rendite aus, denn dazu sind %-tuale Werte zu betrachten und dieser Effekt ist zum Beispiel für den Käufer einer Berliner Eigentumswohnung bei der angenommenen Rendite gering. Die anfängliche Rendite sinkt von 4% auf 3,96%.
Die Aussage „Investoren würden … abgeschreckt“ muss also anders gemeint sein, wenn sie nicht einfach eine typische Lobbyisten-Aussage war. Es könnte beispielhaft damit gemeint sein, dass Immobilien durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer im Vergleich zu anderen Formen der Kapitalanlage unattraktiver werden. So ganz will dies aber nicht einleuchten, denn es gab schon immer Geldanlagen, die eine höhere Rendite erbracht haben. Wer in Immobilien investiert, wird in der Regel neben der Rendite noch andere Anlagemotive haben. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist für den Anleger ärgerlich, aber die zuletzt vorgenommenen Erhöhungen werden nicht die entscheidenden Faktoren für mögliche Änderungen im Immobilienmarkt sein.
Ein kluger Investor – und an dieser Stelle meinen wir den Privatanleger, nicht institutionelle Anleger – wird die Erhöhung der Grunderwerbsteuer aber zum Anlass nehmen, um unterschiedliche Segmente und Formen der Immobilienanlage zu vergleichen. Welche Bereiche sind zukunftsträchtig, und wo sind die Auswirkungen möglichst gering?
In Hinblick auf den möglichen Ertrag ist dabei die absolute Höhe der Mieteinnahmen von Bedeutung, so wie die geplante Laufzeit und mögliche Mieterhöhungen.
Auch wenn eine längere Haltedauer geplant ist, bleibt zwar der relative Verlust immer bestehen. Nur gewinnt jetzt zusätzlich der Inflationseffekt an Bedeutung, wenn sich dieser in der Höhe der Mieteinnahmen widerspiegelt. Dabei sollte bedacht werden, dass die Möglichkeiten der Mieterhöhungen für Wohnraum gesetzlich begrenzt sind und weitere Einschränkungen nicht abwegig sind (3). Anders gelagert ist der Fall, wenn die Immobilie gewerblich genutzt wird. Beispielhaft betrachten wir einige Fälle:
Eine Investition vor Erhöhung der Grunderwerbsteuer
- Eine Investition in eine Eigentumswohnung mit 4% Mietrendite und Mietsteigerungen um 1% alle 3 Jahre
Drei weitere Investitionen nach Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1%- Punkt
- Eine Investition in eine Eigentumswohnung mit 4% Mietrendite und Mietsteigerungen um 1% alle 3 Jahre
- Eine gewerblich genutzte Immobilie mit 4% Mietrendite und 6% Mietsteigerung alle 5 Jahre
- Und weil bei gewerblichen Immobilien generell höhere Mieterträge möglich sind, eine gewerblich genutzte Immobilie mit 5% Mietrendite und 6% Mietsteigerung alle 5 Jahre
Die Grafik zeigt sehr deutlich, dass die Möglichkeiten der Mieterhöhung wesentlich bedeutender für die Entwicklung der jährlichen Erträge ist, als die Auswirkungen der Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1%.
Für einen Anleger, der sich in diesem Segment der gewerblich genutzten Immobilien nur mit überschaubaren Summen engagieren möchte, bieten sich im Wesentlichen zwei Möglichkeiten an:
- Geschlossene Fonds
- Pflegeheimappartements
Geschlossene Fonds haben wiederum meist eine vergleichsweise kurze Laufzeit. Zumindest geplant ist meist ein Exit im 11. Jahr. Die begrenzte Laufzeit führt dazu, dass die renditesteigenderen Effekte der Inflation nur begrenzt zum Tragen kommen.
Pflegeheimappartements dagegen weisen häufig Pachtverträge von 20 oder mehr Jahren auf. Die Inflationseffekte können hier wesentlich besser “genutzt” werden.
Wenn eine relativ kurzer Anlagezeit geplant ist, wird zwangsläufig eine Anlageform in den Fokus gelangen, die eigentlich in Verruf geraten ist: Offene Immobilienfonds!
Offensichtlich ist, dass der Anleger hier indirekt Anteile an Immobilien erwirbt, die schon länger im Eigentum des Fonds sind. Der Kauf von entsprechenden Investmentfondsanteilen selbst verursacht keine Grunderwerbsteuer. Die zukünftige mögliche Rendite wird nur dann durch eine erhöhte Grunderwerbsteuer negativ beeinflusst:
- wenn der Fonds nach Erhöhung der Grunderwerbsteuer weitere Objekte in einem Bundesland erwirbt, in dem diese Steuer erhöht wurde.
- ein nennenswerter negativer Einfluss auf die mögliche Rendite würde zudem nur dann zustande kommen, wenn der Anteil der neu erworbenen Immobilien hoch im Vergleich zum Altbestand ist.
___________________________________________________________________________
Anmerkung:
In diesem Beitrag sind hinsichtlich der Renditeauswirkungen unter anderem nicht berücksichtigt:
- Steuerliche Effekte
- Auswirkungen einer möglichen Wertsteigerung bei Verkauf
(1) Quelle: Die Welt
(2) Die Mietrendite für Top-Objekte in Berlin lag laut Jones LangLaSalle 2012 bei 4,5%. Mietrenditen für Eigentumswohnungen sind in aller Regel deutlich geringer
(3) Mieterhöhungen für Wohnungen waren schon in der Vergangenheit nur eingeschränkt möglich. Weitere Einschränkungen sind geplant. Siehe dazu zum Beispiel diesen Artikel in faktwert
Einsortiert unter:Immobilien Tagged: Auswirkungen auf Investitionen im Immobilienbereich, Geschlossene Fonds, gewerblich genutzte Immobilie, Grunderwerbsteuer, Haltedauer einer Immobilie, Immobilienmarktsegmente, Immobilienmärkte, Inflation, Kapitalanlagen, Lobbyisten-Aussage, Mietrendite, Mietsteigerungen, offene Immobilienfonds, Pflegeheim-Appartement, Zentralen Immobilienausschuss ZIA
